Der Sturz!
Wir waren vier Radfahrer an diesem schönen Sommertag. Wir fuhren eine
Drei-Pass-Tour in den schweizer Alpen:
Gotthard (2108 m),
Nufenen (2478 m) und
Furka (2431 m). In der Abfahrt von der
Furka mussten wir einige langsame Autos überholen. Eins davon, ein schwarzes Audi
mit zürcher Nummer, schwenkte nach links als wir überholen wollten. $&%@#! Der
Fahrer war offensichtlich in seinem kleinen Ego verletzt: stellen Sie sich vor, am
Lenker von so einem teuren Spielzeug von einem Fahrrad überholt zu werden... Er war
wie verrückt, aber ich konnte vorbei.
Nachher war ich hinter einem $&%@#! Mobilhome. Die Strasse hatte eine leichte
links-rechts Kurve, aber ich konnte weit nach vorne sehen. Es kam kein Gegenverkehr
und ich vorbereitete mich zum Überholen. Ich fuhr ca. 60 km/h, wie alle Augenzeugen
bestätigten. Aber der Kerl im Mobilhome hatte mich nicht gesehen und entschied sich
gerade dann die Kurve zu schneiden. Er kam nach links als ich neben ihm war, und ich
war wie in einer Falle zwischen ihm und die Felsen auf der linken Strassenseite. Ich
berührte beidseits: streifte die Felsen und schlug gegen den Rückspiegel vom
Fahrzeug. Dies brachte mich in Ungleichgewicht und ich fiel vor dem Mobilhome.
Die nächsten Minuten waren schlimm... nicht für mich, weil ich ohnmächtig wurde,
sondern für meine Freunde, die das Schlimmste befürchteten. Als ich langsam wieder
zu mir kam, wurde ich in ein Auto geladen, um mich zu einem Landeplatz für das
Helikopter zu bringen. Ich konnte aber nicht wirklich diesen ersten Flug mit dem
Heli geniessen. Im Spital fand der Arzt eine leichte Hirnerschütterung sowie
Prellungen und Schürfungen am ganzen Körper verteilt. Ohne Helm wäre die Diagnose
ganz bestimmt schlimmer entfallen!!! Ich wurde dann zur Intensiv-Station gebracht,
um sicher zu sein, dass ich keine weitere, innere Verletzung verbarg. Mein Puls und
mein Blutdruck wurden die ganze Nacht automatisch überwacht. Der Krankenschwester
hatte ich gesagt, das Minimum vom Puls tief genug zu setzen, "weil ich Radfahrer
bin". 35 wären ja gut. Sie tat so, als ob sie einverstanden wäre... aber gab doch 40
ein. Und so löste mein Puls am nächsten Morgen die Alarm! Zwei Tage später war ich
zurück zu Hause, und noch einige Tage später zurück an der Arbeit.
Dann... habe ich eine Busse erhalten. Der Audi $&%@#! F...ahrer wurde von der
Polizei verhört, und es ist leicht vorstellbar, dass er mich nicht unbelastet
liess. Mir wurde "zu wenig Rücksicht auf das überholte Fahrzeug"
vorgeworfen. Ja, echt, "zu wenig Rücksicht". Als ich Angaben aus den
Akten der Polizei verlangte wurde mir jede Information verweigert. Wenn ich einen
Anwalt nehmen würde, dann ja, schon; aber mir selber: nichts. Und das soll sich
eine Demokratie nennen! Die Helikopter- und Spital-Kosten wurden sowieso von meiner
Unfall-Versicherung übernommen, deshalb habe ich lieber keinen $$$Anwalt$$$
genommen, und die Busse doch bezahlt. 80 Franken plus Spesen (noch 130 Franken).
Eine Kopie der Polizei-Akten habe ich dann doch erhalten, und zwar von der
Haftpflicht-Versicherung des Mobilhomes. Dort habe ich das gefunden, was ich
suchte: am Unfallort war die Strasse 4,6 m breit. Das heisst, dass das Mobilhome
(nicht über 2,3 m breit) hatte mindestens 1,55 m auf der rechten Seite und
höchstens 75 cm (meine Breite) auf der linken. Das beweist, dass er der Fahrer
NICHT wie behauptet (und wie vom "Audisten" behauptet) auf der rechten
Seite der Strasse geblieben ist. Trotz dieser Tatsache wollte die Versicherung
nicht mehr als 30% meiner Sach-Schäden zahlen (ca. 1700 Fr. am Fahrrad, die Hose,
das Trikot, die Handschuhe).
Hauptsache ist aber, dass ich wieder gesund bin und fahren kann. Und dass ich
dabei was gelernt habe:
- es ist keine schlecht Idee, mit Helm zu fahren;
- mehr denn je probiere ich immer daran zu denken, dass Mobilhome-Fahrer (wie Auto- und Lastwagen-Fahrer) viele Fehler machen; Radfahrer auch, aber auf meinem Fahrrad bin ich ja der Schächere im Verkehr;
- Gesetze werden von Juristen und Anwälten gemacht, also auch FÜR Juristen und Anwälte.
9.9.1997